Rhetorischer Schlagabtausch zum Europatag
Anlässlich des Europatages stellten sich die Bundestagsabgeordneten Maximilian Mordhorst ( FDP) und Tim Klüssendorf ( SPD) den Fragen der Schülerinnen und Schüler des Q1-Jahrgangs.
Die Jugendlichen hatten Fragen vorbereitet zu den Themen Umgang mit der AfD, dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, dem Green Deal und der Erweiterung der Europäischen Union um die Länder des westlichen Balkans. Zu jedem Themenkomplex konnten auch die Schüler im Publikum noch spontan Fragen stellen.
Bei der von Amelina, Emiliano, Mika und Lennart moderierten Veranstaltung wurden Überschneidungen und unterschiedliche Positionen der beiden Abgeordneten und ihrer Parteien deutlich. Gemeinsam ist beiden Politikern, dass sie jung sind, Regierungsparteien vertreten, im Digitalisierungsausschuss arbeiten und leidenschaftlich Fußball in der Bundestagsmannschaft spielen. In Sachfragen vertraten sie aber unterschiedliche Standpunkte.
Maximilian Mordhorst hält beispielsweise den Atomausstieg für einen Fehler, da stattdessen Kohlekraftwerke wieder in Betrieb genommen wurden, um Energiesicherheit zu gewährleisten, wodurch der CO2-Ausstoß erhöht wird. Er warb für Technologieoffenheit und verteidigte die Position der FDP, sog. E-Fuels als Alternative zu fossilen Brennstoffen zuzulassen. Die wenigsten Politiker seien Ingenieure, weswegen sie nicht beurteilen könnten, welche technischen Entwicklungen sich am Ende als erfolgreich bei der Reduzierung klimaschädlicher Gase erweisen würden. Die sog. Klimakleber kritisierte er. Sie würden der Akzeptanz von Maßnahmen für den Klimaschutz eher schaden, da ihre Aktionen selbst Befürworter verprellen.
Tim Klüssendorf hingegen verurteilte die Kriminalisierung der Aktivisten als überzogen. Er halte Razzien und vorbeugenden Gewahrsam von Klimaklebern für maßlos. Solche Maßnahmen habe er sich eher bei der Bekämpfung des NSU gewünscht.
Bei der Aufnahme der Länder des westlichen Balkans in die EU waren sich beide Politiker einig. Orientiert an den Kopenhagener Kriterien sollte den Staaten eine realistische Beitrittsperspektive eröffnet werden, sofern ernsthafte Fortschritte zu verzeichnen seien. Die Aufnahme in die EU sichere eine friedliche Entwicklung und Demokratisierung in dieser Region.
Zum lebhaften Schlagabtausch zwischen den Abgeordneten kam es bei der Frage, wie man angesichts der hohen Zustimmung in der Bevölkerung mit der AfD umgehen sollte. Tim Klüssendorf übte Kritik an der CDU/CSU, die seiner Meinung nach den Populismus der AfD kopiere und damit deren Thesen salonfähig mache. Diese Strategie führe dazu, dass die Gesellschaft insgesamt nach rechts rücke. Die Wähler würden dann aber lieber das Kreuz beim Original machen als denen, die abkupferten, die Stimme zu geben. Maximilian Mordhorst stimmte Klüssendorf zu in der Frage, ob die AfD verboten werden sollte. Ein solcher Vorschlag könne nicht vom politischen Konkurrenten kommen. Außerdem gebe es aus gutem Grund hohe Hürden für ein solches Verbot. Klüssendorf betonte, mit einem Verbot seien ja nicht die extremistischen Positionen aus der Welt, sondern lediglich der organisatorische Rahmen für deren Verbreitung. Dem Politiker war darüber hinaus wichtig, zwischen Wählern und Parteimitgliedern der AfD zu unterscheiden. Die Wählern müssten über eine an den Bedürfnissen vor Ort orientierte Sachpolitik zurück gewonnen werden.
Mordhorst appellierte an die Jugendlichen, sich zivilgesellschaftlich zu engagieren. Er beobachte eine zunehmende Kundenmentalität in der Gesellschaft. Viele stünden am Rand und beschwerten sich gegen „die da oben“. Es sollten mehr Menschen Verantwortung übernehmen in Sportvereinen, Kirchen, Bürgerinitiativen etc. Damit rannte er bei unseren Schülerinnen und Schülern offene Türen ein. Schließlich engagieren sich viele für MUNOL, als Europabotschafter, im Wahlprojekt und Gemeinschaftsdienst.
Die beiden Politiker genossen sichtlich den rhetorischen Schlagabtausch, der deutlich werden ließ, wo in der Regierungskoalition Konfliktlinien verlaufen und um Kompromisse gerungen werden muss. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung wurde sichtbar, dass das Ringen um die beste Lösung zum Wesenskern der Demokratie gehört.
Wir danken Herrn Klüssendorf und Herrn Mordhorst herzlich für ihr Kommen und ihre engagierte Debatte.
Text und Fotos: Mechthild Piechotta