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Nachhaltigkeit statt Shareholder Value – das genossenschaftliche Geschäftsmodell


„Was der Einzelne nicht vermag, das vermögen viele.“ Das Zitat von Friedrich Wilhelm Raiffeisen trifft den Kern des genossenschaftlichen Geschäftsmodells, das die Schülerinnen und Schüler der Q1b am Beispiel der „Landwege eG“ kennen gelernt haben. Vorstandsmitglied Klaus Lorenzen besuchte das Wipo-Profil, um anhand der Lübecker Erzeuger- und Verbrauchergenossenschaft die Unternehmensform vorzustellen.

In einer Genossenschaft schließen sich Menschen zusammen, um ein gemeinsames Ziel besser zu erreichen. So war es auch bei der Landwege eG. Bauern und Verbraucher schlossen sich zusammen, um gesunde Ernährung und nachhaltige Landwirtschaft gemeinsam zu verfolgen.

In einer angemieteten Garage entstand 1986, als Reaktion auf den Reaktorunfall in Tschernobyl, die erste Verkaufsstelle, in der Lebensmittel aus biologischem Anbau und der Region angeboten wurden.

Mittlerweile betreibt die Genossenschaft fünf Läden mit Vollsortiment, eine Bäckerei und verarbeitet Produkte der Mitgliedshöfe in einer firmeneigenen Küche. Seit Neuestem beliefert „Landwege“ seine Kunden auch zu Hause, in Corona-Zeiten ein wichtiges Standbein.

Was unterscheidet die Rechtsform der Genossenschaft von anderen Unternehmensformen? „Bei uns geht es um den fairen Ausgleich der Interessen zwischen Bauern, Kunden und Mitarbeitern“, erläutert Klaus Lorenzen. Jedes Mitglied besitzt unabhängig von der Anzahl der Genossenschaftsanteile eine Stimme in der Generalversammlung, die auf demokratischem Wege Entscheidungen trifft. „Der Preis der Genossenschaftsanteile spiegelt nicht den Wert des Unternehmens wider, sondern ist bewusst niedrig angesetzt, damit alle Einkommensgruppen eine Mitgliedschaft erwerben können“, hält Lorenzen fest. Genossenschaftsanteile werden auch nicht an der Börse gehandelt, sondern vom Unternehmen zurückgenommen, sollte ein Mitglied austreten. Dadurch ist ausgeschlossen, dass Genossenschaften Opfer einer feindlichen Übernahme werden. Diese Regelungen sorgen dafür, dass nicht das Kapital über die Geschicke der Genossenschaft entscheidet, sondern das Wohl der Mitglieder im Zentrum steht. Eigentümer und Kunden sind identisch und im Aufsichtsrat alle drei Stakeholder vertreten, die einen Ausgleich suchen zwischen auskömmlichen Preisen für die Produkte der Mitgliedshöfe, fairen Löhnen für die 140 Mitarbeiter und günstigen Preisen für die Kunden.

Der engen Beziehung der Genossenschaft zu ihren Mitgliedern entspricht die räumliche Begrenzung. Die Landwege eG beschränkt sich bei den Verkaufsstellen auf Lübeck, die Mitgliedshöfe liegen überwiegend im 30 km-Radius, zumindest aber in Schleswig-Holstein bis Schwerin in Mecklenburg-Vorpommern. Diese Regionalität betont ein eigens entwickeltes Siegel, mit dem die Produkte der Mitgliedshöfe ausgezeichnet werden.

Ein wichtiges Anliegen der Genossenschaft ist Bildung von Kindern und Erwachsenen zum Thema nachhaltige Landwirtschaft. Um die kümmert sich der Verein „Landwege e.V“, der im Ringstettenhof für alle Lübecker Grundschüler Erlebnistage anbietet sowie Kochkurse, Bastelworkshops und saisonale Feste. Als Klaus Lorenzen das Thema anschnitt, sprudelten die Erinnerungen der Schülerinnen und Schüler an unvergessliche Erlebnisse mit Tieren, auf dem Acker und in Ställen und Scheunen.

Beeindruckt bedankten sich die Jugendlichen bei Herrn Lorenzen für sein Kommen und die anschaulichen Erläuterungen. Mit dem Wissen um die Hintergründe der Rechtsform Genossenschaft setzen sie sich jetzt mit Beispielen aus dem Energiesektor, der Bauwirtschaft und anderen Branchen auseinander, die sie anschließend präsentieren werden.

Text: Mechthild Piechotta

Foto: Isa, Q1a

Folien: Landwege eG