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„Ja sem Varaždinec“ – Erasmus-Treffen in Kroatien


Die Zeile „Ja sem Varaždinec“ ( Ich bin Varazdiner) bildet den Refrain eines populären Volksliedes, das wir zusammen mit unseren kroatischen und spanischen Partnern während unseres Besuchs in Kroatien erlernt haben. Das erste Erasmus-Projekttreffen zum Thema „European Cultural Heritage“ fand vom 18. – 22.10.21 im Druga Gimnazija Varaždin statt.

Das Lied vermittelt einen Eindruck davon, wie stolz unsere Gastgeber auf ihre Heimatstadt sind. Und tatsächlich: die 43.000 Einwohner große Stadt ist ein historisches Kleinod. Barocke Bauten säumen die Gassen und Plätze im Zentrum, manche wunderschön renoviert, manche weisen noch bröckelnde Fassaden auf.

Das geschlossene Stadtbild entstand nach einem Brand, der 1776 mehr als vierzig Prozent der Holzbauten zerstört hatte. Varaždin, damals Hauptstadt, verlor diesen Status an Zagreb, wurde aber mit prachtvollen Palais und Bürgerhäusern im Barock- und Rokkokostil wieder aufgebaut. Diese und weitere Informationen zu Geschichte und Stadtentwicklung erfuhren wir auf einer Rallye durch das Zentrum, bei der unterschiedliche Aufgaben zu lösen waren:

In einer Bäckerei auf Kroatisch eine Spezialität des Ortes einzukaufen oder die charakteristische Fassade des Rathauses abzuzeichnen, waren einige der Aufgaben, die wir mit spanischen und kroatischen Schüler:innen bewältigen mussten.

Um die Kultur Kroatiens besser kennenzulernen, beschäftigten wir uns in Kleingruppen mit typisch kroatischen Kreistänzen, der Sprache, Feiertagen und Festen sowie den Speisen. Und von letzteren gab es reichlich: Die Großzügigkeit und Gastfreundschaft unserer Gastgeber waren beeindruckend. Pausensnacks, gemeinsame Mahlzeiten in unterschiedlichen Restaurants der Stadt, Lunchpakete und die Verköstigung in den Familien waren exzellent und landestypisch. Die kroatischen Familien stellten sich auch auf vegetarische Gäste ein und kochten zum ersten Mal, wie sie bekannten, fleischlos für einige von uns.

Die Eltern sprachen nur wenig Englisch oder Deutsch, aber kümmerten sich mit überwältigender Herzlichkeit um uns. Die kroatischen Jugendlichen beeindruckten uns mit hervorragenden Englischkenntnissen. Wir erfuhren, dass alle Gymnasiasten mindestens drei Fremdsprachen lernen müssen, darunter Englisch und Latein. Viele Gutausgebildete verlassen aber leider das Land, weil in Österreich oder Deutschland höhere Einkommen zu erzielen sind und Korruption die Entwicklung des Landes hemmt.

Traditionen werden in Kroatien gelebt, weil sie für die nationale Identität des Landes, das erst seit 1991 unabhängig ist, wichtig sind. Die Lehrkräfte berichteten vom Krieg mit Serbien, in dessen Zuge Kroatien sich aus dem Vielvölkerstaat Jugoslawien gelöst hat. In den Erinnerungen vieler Erwachsener sind die Kriegserlebnisse noch sehr präsent.

Entsprechend wichtig war unseren Gastgebern, uns ihre Kultur nahe zu bringen, z.B. durch den Besuch des malerisch gelegenen Schlosses Trakošćan, dem ethnografischen Museum und der Stadtführung in Zagreb.

Neben den kulturellen Besonderheiten haben wir auch viele Gemeinsamkeiten entdeckt: Im Kroatischen gibt es viele deutsche Ausdrücke, insbesondere aus dem Bereich des Automobilbaus, und auch Beispiele für Wörter aus dem Romanischen wurden uns aufgezeigt. Diese Offenheit für Einflüsse aus den Nachbarländern und Kulturen hat uns auch am Druga Gimnazija Varaždin beeindruckt: Dort lernen die Schüler nicht nur viele Fremdsprachen, die Schule nimmt auch an zahlreichen internationalen Projekten teil, z.B. einem weiteren Erasmus-Projekt mit der TMS und eTwinning-Projekten. Außerdem stellten wir fest, dass unsere gastgebende Schule auch im Programm „Botschafterschule des Europäischen Parlaments“ aktiv ist und sich damit eine weitere Parallele zur Thomas-Mann-Schule ergibt.

Das Programm Erasmus+ steht unter dem Motto „Enriching lives, opening minds“. Für uns waren die Erlebnisse in Kroatien sehr bereichernd. Wieder einmal hat sich gezeigt, wie wichtig die Begegnungen vor Ort sind, um die Perspektive unserer Nachbarn einzunehmen und ihre Sicht auf Europa zu verstehen. „Ja sem Varaždinec“, zwar nur für fünf Tage, aber die haben unseren Blick auf das Land nachhaltig geprägt.

Ein herzliches Dankeschön an die Lehrer:innen des Druga Gimnazija Varaždin, die Schüler:innen und ihre Familien für diese unvergessliche Woche!

Jetzt geht es darum, unsere Erkenntnisse und Erfahrungen möglichst vielen Lehrkräften und Schüler:innen weiterzugeben.

Wir freuen uns, im kommenden Januar mit einer Delegation der TMS im „Centro Ramiro Izquierdo“ in Castellón de la Plana bei Valencia die gute Zusammenarbeit fortzusetzen. Im März wird die TMS dann die Partnerschulen zum Abschlusstreffen hier empfangen.

Die Begegnung wurde gefördert vom Erasmus+-Programm der Europäischen Kommission.

Text und Fotos: Mechthild Piechotta