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Die verbindende Kraft der Musik – Lesbos-Austausch unserer Blechbläser


Für Nathalie und Marjorie ist es das Tanzen, Marius ist begeistert von der Musik, u.a. dem Gesangsworkshop. Pablo und Sky haben die Karnevalsparty genossen. Anna und Marie geben den Ausflug nach Moybos als ihr Highlight an. Und Johannes weiß nicht recht, was er von all den Erlebnissen während des Austausch mit der Mytileni Music School am besten findet. Auf die Frage, was ihnen am Austausch mit der griechischen Schule am besten gefallen hat, fallen die Antworten unserer Schülerinnen und Schüler unterschiedlich aus. Aber alle sind begeistert. Hier schildern sie ihre Erlebnisse:

Nach unserer Ankunft am Montagabend – es war schon sehr spät und wir waren alle sehr müde von der Anreise – startete am Dienstag, den 12. März unser erster, richtiger Tag in Mytileni.

Auf dem Weg zur Schule sahen wir viele Palmen, Oliven- und Zitronenbäume. Pflanzen, von denen man in Deutschland nur träumen kann.

Als wir in der Schule ankamen, wurden wir von unseren Gastgebern sehr herzlich willkommen geheißen und mit Spezialitäten der Insel, getrocknetem Salbei und Oregano, Olivenölseife und Gebäck beschenkt, ein Beispiel für die unglaubliche Großzügigkeit unserer Gastgeber.

Timon und Emiliano stellten die Besonderheiten unsere Schule vor, wie das bilinguale Angebot, die Europaaktivitäten und MUNOL. Dabei stellten wir fest, dass die Mytilene Music School ebenfalls am Programm „Botschafterschule des Europäischen Parlaments“ teilnimmt. Nathalie und Helena erzählten im Anschluss etwas über die Arbeit der Blechbläserensembles.

Dann stellte Englischlehrer Eric die Schule vor, in der jedes Kind mindestens drei Musikinstrumente erlernt, und zwar zunächst Klavier, dann ein traditionelles griechisches Instrument, wie die Santuri, die Oud oder Bouzouki, und als Drittes ein weiteres, frei wählbares Instrument. Der Unterricht in den herkömmlichen, allgemeinbildenden Fächern dauert von 8:00 bis 13:00 Uhr. Daran schließen sich 2-3 Stunden Musikunterricht an. Die ca. 150 Schülerinnen und Schüler der Mytileni Music School werden von über 40 Lehrern unterrichtet. Dieses Betreuungsverhältnis ergibt sich daraus, dass die Lehrer ihren Schülern u.a. Einzelunterricht in den Instrumenten erteilen, und führt zu einer sehr persönlichen Beziehung zwischen Lehrkräften und Schülern.

Für Favour war das die wichtigste Erfahrung: „Die Schüler der Musikschule bilden eine gute Gemeinschaft. In einer Schule, wo jeder jeden kennt oder jeder bereit ist, dich zu behandeln, als würdet ihr euch schon lange kennen und auch wenn du anders bist, dich mit Respekt und Freundlichkeit behandeln, so eine Schule ist die Mytilene Musikschule.“

Beeindruckt hat uns an der MSM, dass keine Schulgebühren erhoben werden und auch Kinder aufgenommen werden, die kein Instrument spielen. Sie müssen allerdings ihr musikalisches Talent in einem Eingangstest unter Beweis stellen.

Im weiteren Verlauf des Vormittags hörten wir einen Vortrag über die traditionelle Musik auf den griechischen Inseln und nahmen an einem Workshop teil, bei dem wir ein traditionelles Lied erlernten und dazu Bodypercussion machten. In der fremden Sprache war das gar nicht so einfach, aber Antonis, der selbst einmal Schüler an der MSM gewesen ist und jetzt als Dozent an der Uni in Ioannina auf dem griechischen Festland arbeitet, übte geduldig mit uns.

An diesem Tag haben wir viel über die interessante, traditionelle, griechische Musik gelernt und wie spannend es ist, andere Arten der Musik kennen zu lernen.

von Marius und Johannes

Und dann erlebten wir die Improvisationskunst unserer Gastgeber. Da wir aufgrund eines Streiks zwei Tage später als geplant angereist waren, sollte unser gemeinsames Konzert ausfallen, denn das Theater stand an den anderen Tagen nicht zur Verfügung. Was tat Alexis, der Organisator des Austauschs? Er fragte im benachbarten Arbeitsamt von Mytileni an. Kurzerhand wurden Computer und Tische beiseite gerückt und Stühle gestellt. 10 Minuten vor ihrem Auftritt erreichte ein Soldat der griechischen Armee das Gebäude, um Helena seine Tuba für das Konzert auszuleihen. Auch das war ein Beispiel dafür, wie flexibel, hilfsbereit und unkompliziert unsere Gastgeber waren. Für unseren Konzertbeitrag hatten wir noch Extraproben am Wochenende vorher absolviert und es klappte alles gut. Zum Schluss spielten wir ein traditionelles griechisches Stück zusammen mit unseren Gastgebern, ein tolles Erlebnis!

von Favour

Am Mittwoch starteten wir zu einer Exkursion in den Westen der Insel Lesbos.

Dort lassen sich Zeugnisse vulkanischer Aktivität in früheren Jahrtausenden finden. Lesbos liegt nämlich am Rande des ägäischen Feuerrings. Auch heute noch schiebt sich die afrikanische Kontinentalplatte 5 cm pro Jahr unter die eurasische Landmasse und verursacht bisweilen Erdbeben. In Sigri wurde ein Wald von Sequoien unter einer Ascheschicht begraben und dadurch konserviert. Der Kohlenstoff im Holz der Bäume wurde im Laufe der Zeit durch Mineralien ersetzt, die die Baumstämme versteinern ließen. Zu bewundern sind tausende von Stämmen im Museum des Ortes und dem dazu gehörenden Naturpark, der zum UNESCO Weltnaturerbe zählt.

Wir haben eine Führung durch das Museum gemacht und viel über die Entwicklung von Leben auf unserer Erde und Vulkanismus gelernt. So haben wir zum Beispiel Abdrücke von Samen und Blättern von damaligen Pflanzen auf den pyroklastischen Gesteinen und sogar das versteinerte Gebiss eines Urelefanten mit dem eines heutigen Gegenstückes verglichen. Es war total interessant und irgendwie seltsam, Steine, die wie Baumstämme aussahen (was sie ja auch mal waren), zu berühren. 

Am Mittag haben wir dann in einer griechischen Taverne gegessen. Das bot neben der Chance, traditionelles Essen zu probieren, auch die, sich länger zu unterhalten und sich näher kennenzulernen.

von Pablo

Den Nachmittag verbrachten wir in Molybos, einem malerischen Dorf mit steilen Gassen, über die man eine Burgruine erreicht. Überall trafen wir auf streunende Katzen.

Von den terrassenförmigen Wegen rund um den Berg konnten wir einen farbenfrohen Sonnenuntergang bewundern. Danach kehrten wir in einer Patisserie ein, in der sich jeder ein Stück Kuchen oder Eis aussuchen durfte.

Am Donnerstagmorgen machten wir eine Tour durch die Burg von Mytileni. Ich habe dabei gelernt, dass die Stadt einer Sage zufolge nach der Tochter des Königs Lesvos, der der Insel seinen Namen gab, Mytilene benannt wurde. Nachdem Griechenland Teil des Römische Imperiums geworden war, besuchte Kaiser Pompejus Lesbos. Dem Bericht des antiken Schriftstellers Plutarch gemäß war dieser so begeistert von dem in hellenistischer Zeit erbauten Amphitheater in Mytileni, dass er nach dessen Vorbild eines in Rom errichten ließ. Ich fand auch die unter der Burg erthaltenen Kellergewölbe, die zum Schutz der Bewohner Mytilenis erbaut wurden, sehr spannend. Im Falle einer Belagerung konnten sich hier Hunderte Menschen versteckt halten. Unsere Gastgeber berichteten uns, dass sie auf dem Gelände der Burg, in den Kellern und dem Gewölbe der Zisterne ein Wandelkonzert veranstaltet haben, bei dem die Zuhörer von einem Ort zu anderen schlendern. Wir konnten uns wegen der hervorragenden Akustik in den Räumen gut vorstellen, wie eindrucksvoll das gewesen ist. Unser Guide auf dem Burgberg war Elsa, die, wie sich herausstellte, eine ehemalige TMS-Schülerin ist und seit Jahrzehnten auf Lesbos lebt.

Im archäologischen Museum bekamen wir berühmte Mosaiken erklärt, die z.B. Orpheus mit der Lyra zeigen, wie er durch seine Musik wilde Tiere anlockt und zähmt. Auch Szenen aus antiken Dramen waren als Mosaike gestaltet und Theatermasken, die antike Schauspieler bei den Aufführungen trugen. 

Auf Lesbos finden Archäologen noch heute so gut wie unter jedem Haus antike Gegenstände. Deswegen können Bauarbeiten schon mal länger dauern, was durchaus Parallelen in Lübeck findet.

von Liam und Sky

Am Abend luden uns unsere Gastgeber zur Karnevalsparty in eine Bar ein. Im griechisch-orthodoxen Kalender liegt dieses Fest später als im römisch-katholischen.

Freitag war leider unser letzter Tag. Morgens haben wir uns traurig von unseren Gastfamilien verabschiedet, die wir selbst in der kurzen Zeit sehr ins Herz geschlossen haben. Ein letztes Mal fuhren wir in die griechische Schule. Dort hatten wir zunächst Griechisch-Unterricht, wo wir das griechische Alphabet kennengelernt und deutsche Wörter der griechischen Übersetzung zugeordnet haben. Wir erkannten, dass wir in den Bereichen Politik, Astronomie und Seefahrt sowie dem Theater mit den Begriffen auch die Innovationen aus Griechenland ins Deutsche übernommen haben. 

Danach haben manche der griechischen Schüler auf dem Schulhof traditionelle Musik gespielt und ihr Sportlehrer Kostas uns die passenden Tanzschritte beigebracht. Den bekanntesten – Sirtaki – haben wir dann alle zusammen getanzt. Daran hatten alle sehr viel Spaß, und umso trauriger waren wir, als wir merkten, dass unsere gemeinsame Zeit sich dem Ende zuneigt. Abschied zu nehmen, ist uns sehr schwergefallen. Die griechischen Schüler und Lehrer haben uns aufgenommen wie Familie, einige hatten Tränen in den Augen, niemand wollte zurückfliegen. Selbst die wenigen Tage haben uns alle so nah zusammengebracht. Nach vielen Tränen und Umarmungen ging die Fahrt zum Flughafen dann los. Unseren Rückflug haben wir überwiegend verschlafen, weil wir alle eine aufregende Woche ohne viel Zeit zum Ausruhen hatten. Insgesamt hatten wir eine wunderbare und unvergessliche Zeit, in der wir die griechische Landschaft, Kultur, Musik und Gastfreundschaft genießen konnten.

von Nathalie und Marjorie

Ευχαριστώ – efharisto – danke, sagen wir für diese unvergesslichen Erlebnisse!

Eine Fortsetzung dieses menschlich und musikalisch bereichernden Austausches ist in Planung.

Unser Dank gilt Holger Bach, dem Gründer und Leiter der Blechblasensembles und Initiator und Motor des Austausches, sowie seiner Frau Cornelia, die sich um alle Teilnehmer mit großem persönlichen Einsatz gekümmert hat.

Darüber hinaus danken wir Spiridon Aslanidis, Mitglied der Deutsch-griechischen Gesellschaft und tätig für die Wirtschaftsförderung der Hansestadt Lübeck. Seine sprachliche Vermittlung und dass er uns die griechische Mentalität näher gebracht hat, war für uns von unschätzbarem Wert.

Text: Mitglieder des Blechbläserensembles

Fotos: Mechthild Piechotta

Diese Begegnung wurde vom Erasmus-Programm der Europäischen Union gefördert.