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Zu Besuch im Aalborghus Gymnasium


Vor gut drei Monaten sind wir uns an der TMS zum ersten Mal begegnet. Jetzt fand der Gegenbesuch bei unseren Austauschpartnern im Aalborghus Gymnasium statt. Zum Aufwärmen und Wiederannähern stellten uns Stine und Janne, die beiden dänischen Lehrkräfte, nach unserer Ankunft am Sonntag, den 12. März, mehrere kooperative Aufgaben. Zunächst mussten Bälle mit Hilfe von Rohrstücken durch die ganze Länge der Sporthalle transportiert werden. Dabei waren Absprachen notwenig, denn es gab nur vier Rohrsegmente, um die Distanz von 20 Metern zu überbrücken.

Witzig war die Idee, gemeinsam ein Menuett zu tanzen, bei dem die Positionen und Partner gewechselt werden mussten. Beim deutsch-dänischen Völkerballspiel ging es zur Sache. Danach fuhr ein Teil von uns in die Jugendherberge, während die andere Hälfte in Gastfamilien untergebracht war.

Am nächsten Morgen standen Kennenlernaktivitäten auf dem Programm: Wir sollten eine fiktive Identität entwickeln und uns mit dieser den anderen vorstellen. Die Wahl der Persönlichkeit verriet viel über die Vorlieben des jeweiligen Partners.

Wie an jedem folgenden Tag auch besuchten wir Unterricht an unserer Partnerschule. Wir nahmen teil an Deutsch- und Englischstunden und wurden vielfach miteinbezogen. So konnten wir einen guten Einblick in die Unterrichtsatmosphäre, den Stoff und die Methoden gewinnen. Im Deutschunterricht geschah der Einstieg in das Thema „Soziale Medien“ mit dem Song „Alles, was wir tun“ der Band Kafvka. Das Thema einer anderen Stunde war „Multikulturalität in Deutschland“. Hier wurde mit Kurzgeschichten und Interviews gearbeitet.

Am Nachmittag zeigten uns die dänischen Partner in Kleingruppen ihre Stadt. Jeder führte uns zu seinem Lieblingsort, kleinen Altstadtgassen mit den typischen farbigen Häusern…

.. oder einem ehemaligen Kraftwerk, das heute als Kulturzentrum dient.

Vom Dach des Gebäudes hatte man einen tollen Überblick über die Altstadt und das moderne Hafenviertel.

Jørn Utzon ist der Architekt des Kultur- und Wissenszentrums am Ufer des Limfjords. Es ist das letzte Werk des Erbauers der berühmten Oper in Sydney, das er für seine Heimatstadt Aalborg geschaffen hat.

Durch diese vielen Eindrücke konnten wir am nächsten Tag die Frage beantworten, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dänischem und deutschem Schulsystem sowie im Bereich der Kultur bestehen. In Stichworten notierten wir, was uns bisher aufgefallen war.

Unsere Länder haben eine gemeinsame Grenze und liegen beide an Nord- und Ostsee. Dadurch, dass uns unsere Partner zum Abendessen nach Hause eingeladen hatten, erfuhren wir, dass in der dänischen Gesellschaft das Familienleben eine große Rolle spielt. In den Häusern nehmen die Gemeinschaftsräume viel Platz ein, während Kinder- und Schlafzimmer oft recht klein ausfallen. Während in Deutschland Brot zum Abend gegessen wird, gibt es in dänischen Familien warmes Essen. Üblich ist, dass Schüler ab ca. 14 Jahren in Dänemark jobben.

Was das Schulsystem betrifft, gibt es in Dänemark eine 9-jährige Gemeinschaftsschule und nur die Schüler mit einem bestimmten Notendurchschnitt bewerben sich danach für das dreijährige Gymnasium. Flache Hierarchien kennzeichnen die dänische Gesellschaft und auch den Umgang zwischen Lehrern und Schülern. Dazu trägt bei, dass sich beide Seiten duzen und die Lehrer nicht die Abiturarbeiten ihrer Schüler bewerten. Sie nehmen eher die Rolle eines Lerncoaches ein.

Das Gebäude des Aalborghus Gymnasiums erinnerte uns mit dem Innenhof an die TMS.

Die digitale Ausstattung ist vergleichbar. Allerdings gibt es im Aalborghus Gymnasium schon in jedem Klassenraum ein Smartboard sowie einen weiteren Bildschirm, Stromanschlüsse für alle Schüler und eine Box, in die die Schüler zu Beginn des Unterrichts die Mobiltelefone legen müssen.

Angenehm ist, dass auf den Fluren Wasser- und Papierspender zur Verfügung stehen und Bänke zum Verweilen einladen.

Neben der Mensa gibt es weitere Aufenthaltsbereiche für Schüler, wie eine Bibliothek, Sitz- und Arbeitsecken.

Anschließend traten bei einem Kahoot-Quiz dänische und deutsche Schüler gegeneinander an und mussten ihr Wissen zum jeweiligen Partnerland unter Beweis stellen.

Dem Schwerpunktthema „Wasser“ unseres Projekts waren mehrere Programmpunkte gewidmet:

Nie hätten wir geglaubt, dass es so viele Songs gibt, bei denen Wasser eine Rolle spielt: Simon and Garfunkels „Bridge oder troubled Water“, „Cake by the Ocean“ von DNCE oder „Loch Lomond“, ein schottisches Volkslied, wir sangen sie alle und noch viele weitere. Der kanadische Musiklehrer John begleitete uns am Flügel.

Und am Ende schunkelten wir alle zu „Yellow Submarine“ von den Beatles.

„Standing on Water“ heißt die Dokumentation über Casper Steinfath, den sechsmaligen Weltmeister im Stand-up-Paddling-Rennen. Der Film zeigt seine Entwicklung vom wasserscheuen Kleinkind zum professionellen Wassersportler, angefangen bei seiner Jugend in Klitmøller, einem Fischerdorf, das innerhalb der sog. „Rotten Banana“, der strukturschwachen Westküste Dänemarks, liegt. Für ein echtes Kinofeeling gab es Popcorn.

Während die Dokumentation in erster Linie thematisiert, wie Casper mit der Unterstützung seiner Familie seine Ängste überwindet und seinen Traum verwirklicht, lag der Fokus bei seinem Besuch im Aalborghus Gymnasium am nächsten Tag auf der Frage, wie man mit Misserfolgen umgeht.

2017 hatte Casper versucht als erster Mensch den Skagerrak mit dem SuP von Dänemark nach Norwegen zu überqueren – und war gescheitert. 12 Km vor Erreichen des Ziels musste er wegen Unterkühlung aufgeben. Daraus zog er Konsequenzen. Statt sein Vorhaben aufzugeben, trainierte er mehr, verlegte die Route in ein Gebiet, bei dem die Stömungs- und Windverhältnisse günstiger waren, und schaffte es im zweiten Anlauf, die 148 km zu überwinden. Während des Interviews betonte er immer wieder die Bedeutung von Ausdauer und Durchhaltevermögen und ermutigte uns, niemals aufzugeben. Es war ein inspirierendes Gespräch, das uns daran erinnerte, dass wir uns unseren Träumen und Herausforderungen stellen sollten, egal wie groß sie auch sein mögen. (Rayk, Tommy)

Am Mittwochnachmittag haben wir uns aufgeteilt auf zwei Stadtführungen, eine zu „Ghost Stories“, die andere über „Crime und Punishment“ im mittelalterlichen Aalborg.

Überrascht hat mich, dass es auch ausgedachte Geschichten gibt, von denen jeder weiß, dass sie erfunden sind, diese aber trotzdem weiterhin erzählt werden.

Besonders außergewöhnlich fand ich, dass es in Alborg im Mittelalter für drei Tage keine Gesetze gab und Straftaten, wie Mord erlaubt waren.

Durch die Tour habe ich viel über Alborg erfahren, von dessen Existenz ich bis vor einem halben Jahr noch gar nichts wusste. Das mittelalterliche Leben unterschied sich nicht wesentlich von dem in Lübeck.( Gero)

Bevor es am Mittwochabend zum Bowlen ging, unternahmen wir noch eine Tour über zwei Brücken, die den Limfjord überqueren und die neuen Wohnquartiere im Norden der Stadt mit dem alten Stadtkern verbinden.

Danach gab es dann Spiel und Spaß.

Der gesamte Donnerstag galt einem Besuch in Skagen. Der kleine Ort in Nordjütland mit den typisch gelb gestrichenen Häusern war Ende des 19. Jahrhunderts das Sommerrefugium einer Gruppe von skandinavischen Künstlern, die sich der Plein Air Malerei und dem Impressionismus verschrieben hatten. Sie verkehrten im Brøndums Hof, dem einzigen Hotel am Ort. Da die Künstler oft mit Bildern ihre Rechnungen bezahlten, wuchs die Sammlung des Wirtsehepaares. Die Werke, u.a. die Porträts der Künstler, wurden in die Wandvertäfelung des Speisesaals integriert. Heute befindet sich die Vertäfelung mit allen Kunstwerken im Skagen Museum, durch das wir eine Führung erhielten.

Neben der Malerei unter freiem Himmel war neu, dass auch die einfache Bevölkerung für bildwürdig erkannt wurde. Zahlreiche Werke zeigen die Fischer bei alltäglichen Verrichtungen. Hier ist das Bild eines Ertrunkenen von Peder Severin Krøyer zu sehen, eines der Hauptwerke der Sammlung.

Das berühmteste Gemälde trägt den Titel „Sommerabend am Südstrand“ und zeigt zwei Frauen von hinten. Es handelt sich um die Malerinnen Anna Ancher und Marie Krøyer, gemalt von ihrem Mann Peder Severin Krøyer aus dem Jahr 1893.

Danach wurde es stürmisch. Wir wanderten zur nördlichsten Spitze Dänemarks, dem Skagerrak, wo Nord- und Ostsee aufeinander treffen. Am Strand auf dem Weg dorthin befinden sich noch Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg, Überbleibsel aus einer nicht mehr vorstellbaren kriegerischen Geschichte unserer beider Länder.

Bei der Råbjerg Mile handelt es sich um die größte Wanderdüne Dänemarks. Bei Sturm und Eiseskälte kämpften wir uns durch den Sand bis zur Spitze, von der man einen wolkenverhangenen Ausblick auf die karge, heidebewachsene Umgebung hat.

Und dann war der Abschiedsabend da: Mit Pizzabüffet und Gesellschaftsspielen ließen wir diese intensive Woche voller Eindrücke vom Leben in unserem Nachbarland ausklingen.

Wir danken Janne und Stine für das vielfältige Programm, bei dem Lernstationen und gesellige Aktivitäten abwechselten. Auch den Lehrerkollegen der beiden sei gedankt dafür, dass sie ihren Unterricht für uns öffneten und uns in die Stunden miteinbezogen.

Die Familien waren unglaublich gastfreundlich und offen. Durch sie konnten wir einiges über das Alltags- und Familienleben in Dänemark mitbekommen. Ein herzliches Dankeschön auch an sie.

Es war eine intensive und schöne Woche, die uns in Erinnerung bleiben wird.

Text: Klasse Q1b, Mechthild Piechotta

Fotos: Mechthild Piechotta