Wie geht … Erinnern?
Vor 80 Jahren befreite die Rote Armee am 27. Januar 1945 die von den Nationalsozialisten nach Auschwitz deportierten Menschen. Wie kaum ein anderer Ort auf dieser Welt versinnbildlicht Auschwitz, zu welcher Grausamkeit Menschen fähig sind, wenn sie anderen Menschen mit purem Hass begegnen und vergessen, dass sie Menschen wie sie selbst sind.
Wenn wir heute der vielen Millionen Opfer der nationalsozialistischen Terrorherrschaft gedenken, dann lehrt uns Auschwitz vor allem dies: Wo Menschen sich weigern zu erkennen, dass sie mit anderen als Menschen verbunden sind, kann eine Hölle auf Erden entstehen. 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz der Opfer zu gedenken, bedeutet, vor allem dies zu begreifen.


Wie geht Erinnern? Innehalten und nachspüren, was geschehen ist.
Für Millionen von Menschen führte die Deportation in ein Konzentrationslager in den qualvollen Tod. Für viele der in Auschwitz inhaftierten Überlebenden kam die Rettung damals zu spät. Sie starben, bevor sie es wirklich spüren und fassen konnten, dass sie befreit worden waren. Und für niemanden der Überlebenden aus Auschwitz fand diese Hölle durch die Befreiungstat am 27. Januar 1945 ein Ende: Sie litten und leiden lebenslang an der körperlichen und seelischen Gewalt, die ihnen angetan wurde. In der Europahalle legen Gedichte von Menschen, die nach Auschwitz deportiert wurden, ein erschreckendes Zeugnis hiervon ab.
Manche der Autorinnen und Autoren waren kaum älter als die Schülerinnen und Schüler der 9b. Der 17-jährige Pavel Friedman oder der 23-jährige Dan Pagis hätten damals, wäre das nationalsozialistische Terrorregime niemals zustande gekommen, gerade ihre Schullaufbahn beendet oder einen Beruf erlernt. Wir danken der Internationalen Schule für Holocaust-Studien in Yad Vashem für die Bereitstellung dieser Texte.
Am Eingang zum Letterteig erinnern wir an Anne Frank. Hier könnt ihr einen Auszug aus ihrem heute weltberühmten Tagebuch lesen. Sie begann es 1942 als Dreizehnjährige zu schreiben, als sie sich mit ihrer Familie vor den Nazis in einem kleinen Amsterdamer Hinterhaus jahrelang auf engstem Raum versteckt halten musste.
Anne Franks Notizen lassen uns heute nachempfinden, wie sehr sie sich nach Freiheit sehnte. Wir erahnen, wie stark sie sein musste, um weiterhin darauf zu hoffen, dass für sie irgendwann ein Leben in Frieden und Sicherheit möglich sein könnte. Wer heute Annes Texte liest, weiß, dass sie das nicht mehr erleben durfte. Wie fast ihre ganze Familie starb sie schwer erkrankt in einem Konzentrationslager.
Anne wollte Schriftstellerin werden und hat 1942 – 1944 auch viele andere Texte geschrieben. Eine ihrer Geschichten hängt an der Wand vor dem Letterteig.

Anne selbst hat ihre Geschichten ihre „Füllerkinder“ genannt. Anfang Februar erscheint eine Sammlung ihrer Texte unter diesem Titel im Buchhandel.


Wenn ihr mehr darüber erfahren wollt, wie Kinder und Jugendliche die Zeit des Nationalsozialismus erlebt haben, dann leiht euch im Letterteig Bücher aus, die von dieser Zeit handeln.
Text und Fotos: Christina Koschel