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„Durch zweier Zeugen Mund wird allerwegs die Wahrheit kund“ – Journalismus-Workshop zum Thema „Fake News erkennen“


Das Goethe-Zitat bringt auf den Punkt, was die Teilnehmer des Journalismus-Workshops zum Thema „Fake News erkennen“ und „Richtig recherchieren“ mit dem ehemaligen Leiter der Münchner Journalistenschule und Mitbegründer der „Reporterfabrik“ Jörg Sadrozinski gelernt haben.

Insgesamt 20 Schülerinnen und Schüler der Journalismus-AG unserer Schule und der Presse-AG des Johanneums mit ihrer begleitenden Lehrerin Inken Christiansen erfuhren am Freitag, den 23. November, wie man Nachrichten auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen kann.

Insbesondere im Internet verbreiten sich erfundene Nachrichten schnell und beeinflussen die öffentliche Meinung zu strittigen Themen, wie der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. In Zeiten, in denen jeder Twitter, Instagram und Facebook zum Teil gezielt zur Falschinformation nutzen könne und sich traditionelle Medien wie Radio, Fernsehen und Zeitungen dem Vorwurf ausgesetzt sähen, sie berichteten nur lückenhaft und verschwiegen die Realität, sei Medienkompetenz besonders wichtig, konstatierte Jörg Sadrozinski.

Nachrichten könnten verfälscht werden, indem der Kontext verändert, Fotos manipuliert, missverständliche Überschriften gewählt und Zahlen unrichtig wiedergegeben würden. Sadrozinski zeigte am Beispiel eines Fotos, das angeblich Demonstranten bei einer Kundgebung in Chemnitz im Oktober 2018 zeigen sollte, dass das Bild bei einer Montagsdemonstration in Leipzig im Jahr 1990 aufgenommen worden ist. Über die Google-Search-Funktion lasse sich die Manipulation aufdecken, lernten die Schülerinnen und Schüler.

Auch Zahlen dürfe man nicht unkritisch übernehmen. Auskünfte solle man bei Behörden oder Experten einholen. Anhand einiger Beispielüberschriften sollten die Schülerinnen und Schüler einschätzen, ob und wie sich die Behauptungen überprüfen ließen. „Krankenpfleger verdienen zu wenig“ stellt eine Bewertung dar. Es fehlen konkrete Angaben und ein Vergleichsmaßstab. Dem gegenüber lässt sich die Behauptung „30 Prozent der Zweitklässler können nicht lesen und schreiben“ überprüfen. Hier können die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien herangezogen werden, um festzustellen, ob die Aussage zutrifft.

Jörg Sadrozinski nannte als weiteres Merkmal von einseitiger oder falscher Berichterstattung, wenn nur eine politische Position wiedergegeben werde. Dann sei Vorsicht geboten. Seriöse Medien würden immer mehrere Standpunkte berücksichtigen und abwägend urteilen.

Einen wichtigen Hinweis auf die Glaubwürdigkeit einer Quelle gebe auch das Impressum, das angibt, wer presserechtlich für eine Veröffentlichung verantwortlich ist. Bei erfundenen Meldungen fehle es oft. In anderen Fällen tarne sich der Urheber, indem er vorgibt ein anerkanntes journalistisches Medium zu sein, wie im Fall von „handelblatt.com“, was der flüchtige Leser schnell als „handelsblatt.com“, eine renommierte Wirtschaftszeitung, missverstehen kann. Solche und ähnliche Versuche der Täuschung deckt die Seite Buzz Feed News regelmäßig auf.

Gründliches Lesen sei also wichtig, wenn einem eine Nachricht merkwürdig vorkommt, so Sadrozinski. Ein weiterer Anhaltspunkt für den Wahrheitsgehalt eines Medienbeitrags sei, ob mehrere, voneinander unabhängige Quellen dasselbe berichten. „Durch zweier Zeugen Mund wird allerwegs die Wahrheit kund“, habe schon Johann Wolfgang von Goethe festgestellt.

Jörg Sadrozinski und seine ca. 350 Mitstreiter von der „Reporterfabrik“, allesamt ausgebildete Journalisten mit langjähriger Berufserfahrung, verfolgen das Anliegen, Profis wie Laien über die Arbeitsweise seriöser Medien aufzuklären. Sie vermitteln journalistisches Wissen und Handwerkszeug, damit eine freie Meinungsbildung funktioniert, die für demokratische Gesellschaften unerlässlich ist. Am Freitag wurde ein wichtiger Grundstein für die Medienkompetenz und Mündigkeit der teilnehmenden Jugendlichen aus beiden Schulen gelegt.

Wir danken Herrn Sadrozinski dafür, dass er den Weg von Hamburg auf sich genommen hat, um uns in dem Seminar  ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie klassische und soziale Medien arbeiten und wie wir gezielte Versuche der Desinformation entlarven können.

Alle, die jetzt Lust bekommen haben, sich mit dem Thema Medien, journalistische Berufe und journalistische Darstellungsformen auseinanderzusetzen und selbst Artikel zu verfassen, sind herzlich zum nächsten Treffen der Journalismus-AG eingeladen am Freitag, den 14. Dezember in Raum 021.

 

Weitere Informationen zum Angebot der Reporterfabrik:

https://correctiv.org/reporterfabrik/

 

Text und Fotos: Mechthild Piechotta